Was uns wichtig ist: Wohnraum in öffentlicher Hand

Wir glauben, der Staat muss wieder zum starken Akteur auf dem Wohnungsmarkt werden. Dafür braucht es Anstrengungen von Bund, Land und Kommunen. Denn bezahlbares Wohnen stellen wir nur sicher, wenn wir einen Teil des Angebots dem freien Markt entziehen.

Rohbau eines Mehrfamilienhauses
Bild: Stefan Schweihofer auf Pixabay

Nicht nur in Ballungsräumen wird die Finanzierung einer Wohnung für mehr und mehr Haushalte zu einem Problem. Auch in der Hansestadt Stade spüren wir schon heute diesen Druck. Wartezeiten von über 12 Monaten für eine bezahlbare Wohnung sind keine Seltenheit. Wartelisten für Baugrundstücke sind lang. Diese Situation wird sich auf absehbare Zeit nicht ändern, sondern durch den stetigen Zuzug noch verschärft.

Wir wissen aus den Wachstumsprognosen, dass uns die Wohnungsfrage bis 2040 beschäftigen wird. Erst dann wird die Wachstumskurve stagnieren und auch wieder fallen. Als SPD können wir hier nicht tatenlose zusehen. Wir sind überzeugt: Alle Menschen müssen gut und sicher leben können – on im Eigenheim oder in der Mietwohnung, ob in der Stadt oder auf dem Land. (…) Keiner soll mehr als ein Drittel seines Einkommens für Miete ausgeben. (Zukunftsprogramm der SPD 2021)

Positionierung der SPD auf Bundesebene

Wohnen ist zur sozialen Frage geworden. Eine Wohnung zu finden wird zu einer immer größeren Herausforderung – selbst mit mittlerem Einkommen. Der Wohnungsmarkt darf nicht weiter sich selbst überlassen bleiben.

Unsere Vorschläge

  • Bauen, Bauen, Bauen – 400.000 neue Wohnungen pro Jahr, davon 100.000 Sozialwohnungen und die Einführung einer Wohnungsgemeinnützigkeit (Wohngemeinnützigkeit: Instrument zur Förderung insbesondere kommunaler, genossenschaftlicher oder anderer gemeinwohlorientierter Wohnungsunternehmen zur Stärkung und Erhalt einer sozialen Wohnraumversorgung.).
  • Gemeinwohlorientierte Bodenpolitik, d.h. das öffentliche Eigentum an Grundstücken vermehren und sichern zur Eindämmung von Spekulation. Kommunales Vorkaufsrecht zu fairen Preisen.
  • Soziale Mietenpolitik mit einem befristeten Mietenstopp in angespannten Lagen, Mietpreisbremse, qualifiziertem Mietenspiegel und der Deckelung von Nebenkosten.
  • Erwerb von Wohneigentum in Form von Genossenschaftsanteilen oder durch Mietkauf als Vermögens- und Alterssicherung erleichtern.
  • Förderung von Innenstädten und Stadtteilzentren, um Strukturveränderungen entgegenzutreten

Abgrenzung zu CDU/CSU, Grünen und Linken

Union und FDP vertrauen im Bund allein auf die Kräfte des Marktes und lehnen jegliche Eingriffe in den Markt zum Schutz von Mieter:innen ab. Dabei ist Wohnen Daseinsvorsorge. Grüne und Linke setzen bundespolitisch vor allem auf Mietenregulierung und weniger auf Neubau. Wir brauchen aber in beiden

Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag der Ampelkoalition der Bundesregierung

Unter der Überschrift „Mehr Fortschritt wagen“ haben sich SPD, Grüne und FDP nach der Bundestagswahl im Koalitionsvertrag der Ampelregierun auf folgende Maßnahmen geeinigt, die auch für die Stader Politik von Bedeutung sind:

  • 400.000 neue Wohnungen im Jahr, davon 100.000 Sozialwohnungen, sowie Bereitstellung von Fördermitteln für sozialen Wohnungsbau und soziale Eigenheimförderung
  • „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ mit allen wichtigen Akteuren
  • Wohngemeinnützigkeit und dauerhafte Sozialbindung von Wohnraum als Ergänzung zur Wohnungswirtschaft
  • Programm für studentisches bzw. junges Wohnen
  • Bau-, Wohnkosten und Klimacheck
  • Potenzialflächenregister und Bauflächenmobilisierung
  • Baukostensenkung
  • Mittel für altersgerechtes und barrierearmes Wohnen
  • Verschlankung von Genehmigungsverfahren und Digitalisierung der Bauleitplanverfahren
  • Milieuschutz und Städtebauförderung erhöhen
  • Mehr Klimaschutz im Gebäudebereich und Flächenverbrauch reduzieren
  • Mieterschutz stärken und Erwerb von Wohneigentum erleichtern

Unsere Forderungen im Kommunalwahlkampf: „Wohnen, wie es zu mir passt!“

Unter den Überschriften „Wir brauchen mehr Wohnraum in einer wachsenden Stadt“ und „Wohnen muss bezahlbar bleiben, denn Wohnen ist ein Grundrecht“ haben wir uns zum Ziel gesetzt, bezahlbaren und guten Wohnraum zu schaffen, damit alle unabhängig von Lebensalter und Einkommen gut in Stade leben können.

Dabei haben wir besonders die Situation von Familien im Blick, aber nicht nur. Zuhause in Würde alt werden, darf kein Luxus sein. Altersgerechtes Wohnen muss daher in allen Ortschaften und in den Quartieren der Stadt möglich sein.

Unser Ziel ist generationenübergreifendes und sozial durchmischtes Wohnen im gesamten Stadtgebiet. Wohnen muss in Stade so vielseitig sein, wie die Staderinnen und Stader es sind. Hierfür wollen wir die Rahmenbedingungen schaffen. Marktregulierende Eingriffe wie die Mietpreisbremse dürfen dabei nur das allerletzte Mittel der Wahl sein. Vielmehr braucht es ein ergänzendes Angebot, das sich den marktorientierten Logiken der Wohnungswirtschaft entzieht. Dieses Angebot müssen wir als Politik gemeinsam mit der Verwaltung schaffen.

Was uns wichtig ist: Wohnen

Daraus folgt für unsere Politik im Rat der Hansestadt Stade

Brechen wir die Wohnungsbauziele der Bundesregierung auf die Hansestadt Stade runter, müssten ab sofort rein rechnerisch jährlich 240 neue Wohnungen auf dem Stadtgebiet gebaut werde, davon 60 Sozialwohnungen. Das hört sich gewaltig an.

Mit Blick auf den Bevölkerungszuwachs bis 2040 dürfte sich der tatsächliche Bedarf aber nicht weit von diesem rechnerischen entfernen. Insbesondere bedarf es hier aber noch einmal einer genauen Analyse der Haushaltseinkommen in der Hansestadt Stade: Wie viele Sozialwohnungen fehlen tatsächlich schon jetzt und perspektivisch und wie hoch ist der Bedarf bei Haushalten im Einkommensmittel von ca. 3000 EUR im Monat (www.gehaltsvergleich.com)?

Bezahlbarer Wohnraum geht nicht allein mit marktwirtschaftlicher Perspektive

Eine Neubaustrategie aus rein marktwirtschaftlicher Perspektive wird uns nicht helfen, dem zu geringen Angebot an bezahlbaren Wohnungen entgegenzuwirken. Hohe Baukosten machen die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum wirtschaftlich unrentabel. Die Preissteigerungen im Zuge der Corona-Pandemie und dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine verschärfen die Situation hier ebenso wie der anhaltende Druck auf die Bodenpreise in der gesamten Metropolregion.

Wirtschaftlich interessant ist am Ende nur der Bau von hochwertigen Mietobjekten oder Eigentumswohnungen. Die Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum ist daher Aufgabe der öffentlichen Hand im Rahmen der Daseinsvorsorge. Der Staat und mit ihm die Hansestadt Stade muss hier – wieder – zu einem starken Akteur werden.

Stade braucht wieder eine Wohnungspolitik, die die Wohnraumversorgung der Bevölkerung, Neubauten bezahlbarer Wohnungen, Modernisierung und den Erhalt von Wohnraum sicherstellt.

Wohnungspolitik hat dabei drei zentrale Steuerungsmöglichkeiten:

Geld – über Förderung und Subventionen

Städtische Förderprogramme für den barrierefreien Umbau oder die energetische Sanierung von Wohnungen, sowie die Umwandlung von Einzelhandels- oder Büroflächenleerstand in Wohnraum oder Umzugsboni für Senior:innen können punktuell Anreize setzen.

Angesichts der eingeschränkten finanziellen Mittel der Hansestadt Stade ist die Wirksamkeit solcher Programme jedoch begrenzt. Und wir müssen uns auch ehrlich die Frage stellen: Wer soll das im Rathaus bearbeiten? Die Personalsituation ist schon jetzt angespannt – umfangreiche zusätzliche Aufgaben kann die Verwaltung ohne zusätzliches Personal nicht leisten. Hier gilt auch die Sorgfaltspflicht gegenüber den Beschäftigten im Rathaus.

Recht – über Gebote und Verbote

Städtebaulich gestalterisch wirksam können Politik und Verwaltung vor allem über gemeinsam erstellte Flächennutzungs- und Bebauungspläne, soziale Erhaltungsverordnungen, städtebauliche Erhaltungs- und Gestaltungsverordnungen, sowie feste Quoten für die Errichtung von Sozialwohnungen mit entsprechend langer (unbefristeter) Mietpreisbindung werden.

Der direkte Einfluss bleibt aber eingeschränkt und steht zum Teil im Gegensatz zu der notwendigen Wirtschaftlichkeit eines kommerziellen Bauprojekts. Das Gemeinwohl der sozial durchmischten Stadt mit bezahlbarem Wohnen konkurriert hier mit den Mechanismen des freien Marktes.

Eigentum – über öffentliche Wohnungsmarktbestände und Liegenschaften

Wirksam gestalterisch eingreifen in den Wohnungsmarkt kann eine Kommune nur, wenn sie im Besitz von Wohnungsmarktbeständen und Liegenschaften ist. Nur so kann sie einen Teil des Wohnangebotes dem freien Markt entziehen und ein ergänzendes Angebot schaffen, das nicht an die Logiken der Wohnungswirtschaft gebunden ist. Die Hansestadt Stade soll daher künftig wieder ein starker Akteur bei der Bereitstellung von Wohnraum sein.

Wir begrüßen daher zum einen die Gründung der Stadtentwicklungsgesellschaft, über die die Hansestadt Stade eine vorausschauende und gemeinwohlorientierte Bodenpolitik betreiben, Spekulation verhindern und ein weiteres Anziehen der Preisschraube verhindern kann. Dies ist vor allem nötig, da in der aktuellen Ausgestaltung das traditionelle Erbbaurecht keine Rolle auf dem Markt spielt. Darüber hinaus brauchen wir jedoch auch wieder mehr öffentliche Wohnungsmarktbestände, die zum einen bezahlbaren Wohnraum – auch für mittlere Einkommensschichten – sicherstellen, aber auch gezielt über den Bau und Ankauf von Wohnobjekten für eine soziale Durchmischung in der gesamten Stadt sorgen.

Lösungen können eine landeseigene oder kreiseigene Wohnungsgesellschaft bieten. Akteur wird die Hansestadt Stade aber nur über eine eigene Wohnungsgesellschaft. Diese kann als Teil der Verwaltung – wenngleich dies auch unrealistisch ist –, unter dem Dach einer vergrößerten Stadtentwicklungsgesellschaft, als eigenständige kommunale Gesellschaft oder z.B. als Genossenschaft organisiert werden. Hierbei soll keine Konkurrenz zur Wohnungswirtschaft oder anderen gemeinwohlorientierten Anbietern entstehen, sondern eine Ergänzung.

Wir müssen jetzt auf die Wohnungsnot in der Hansestadt Stade reagieren und wollen die Machbarkeit der verschiedenen Optionen prüfen. Gleichzeitig brauchen wir ein „Stader Bündnis für bezahlbarer Wohnraum“, das alle Akteure an einen Tisch bringt, Interessenskonflikte, aber auch Gemeinsamkeiten klar benennt und gemeinsame Lösungen im Interesse der Stadtgemeinschaft sucht. Unser Ziel ist dabei klar: bezahlbares und sicheres Wohnen, unabhängig von Einkommen und Lebensphase überall und für alle in Stade.

 

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Autor: Kai Koeser

Kai Koeser

 

Quellen:

Zukunftsprogramm der SPD zur Bundestagswahl 2021 / Koalitionsvertrag „Mehr Fortschritt wagen“ von SPD, Grüne und FDP, 2021 / Themenpapiere SPD Hansestadt Stade zur Kommunalwahl 2021 / www.gehaltsvergleich.com