Mehr Fachkräfte in die Kitas: Wie gewinnen wir neue Erzieher:innen?

Ich arbeite in einer Kita. Der Fachkräftemangel in Kitas betrifft mich also direkt. Klar, mein Herz schlägt für die frühkindliche Bildung. Aber warum entscheiden sich eigentlich immer weniger junge Menschen für eine Ausbildung zur Erzieherin/zum Erzieher?

Kinder im Kindergarten
Bild: Tolmacho auf Pixabay

Fakt ist, wir brauchen dringend mehr Fachkräfte in den Kitas! Der Bedarf an Betreuungsplätzen steigt immer weiter. Neue Kitas werden gebaut, aber es fehlt das Personal. Werden heute neue Erzieherinnen/Erzieher eingestellt bedeutet das, sie fehlen in einer anderen Kita. Aber warum ist es so schwer, junge Menschen für diesen tollen Beruf zu gewinnen?

Früheres Berufsbild völlig überholt

Den ganzen Tag Kaffee trinken, viel quatschen, ständig rumsitzen und ein bisschen mit kleinen Kindern rumspielen. Das war früher die Vorstellung von pädagogischem Fachpersonal in Kindertagesstätten. Liebe Leute, wer das immer noch denkt, dem empfehle ich Hospitation!

Anforderungen im Berufsalltag steigen

Schauen wir uns das heutige Anforderungsprofil eines Erziehers/einer Erzieherin einmal genauer an. Sie soll jedes Kind individuell nach seinen Fähigkeiten fördern, zwischenmenschliche Fertigkeiten vermitteln, begleiten, interkulturell erziehen, inklusiv arbeiten, Bildungs- und Erziehungspartnerschaften mit den Eltern eingehen, sich mit anderen Stellen vernetzen, dokumentieren, beobachten und umfassende Entwicklungsberichte schreiben. Die Liste der Aufgaben ist lang und scheint nicht aufzuhören. Ständig kommen neue Aufgaben hinzu. Allein der Niedersächsische Orientierungsplan des Niedersächsischen Kultusministeriums, das Grundgerüst der praktischen Arbeit im Kindergarten, umfasst 60 Seiten, die es inhaltlich richtig in sich haben. Das ist wichtig und richtig! Zeigt es doch auch die enorme Verantwortung, die Erzieher:innen in ihrem Beruf haben.

Gehälter müssen steigen

Und anstatt die Gehälter der Erzieher:innen an die steigenden Anforderungen anzupassen, müssen tausende Beschäftigte immer wieder auf die Straße gehen und streiken, um Gehör ganz oben in den Chefetagen zu finden. Sein wir doch mal ehrlich, welcher Manager würde sich jedes Jahr zusätzliche Aufgaben aufdrücken lassen, ohne sich dies fürstlich bezahlen zu lassen? Kinder sind unsere Zukunft. Da sollten wir diejenigen, denen wir einen großen Teil ihrer Erziehung in die Hand legen, auch endlich angemessen für ihre Arbeit wertschätzen und entlohnen.

Wir brauchen eine bundeseinheitliche Ausbildungsvergütung

Warum kein Nachwuchs kommt? Weil die Erzieherausbildung als eine der wenigen Ausbildungen in Deutschland unbezahlt ist. Vier Jahre sollen junge Leute büffeln und pauken, inhaltlich auf einem sehr hohen Niveau ausgebildet werden, aber doch bitte völlig ohne eine Vergütung. Junge Menschen wollen unabhängig sein, endlich eigenes Geld verdienen und entscheiden sich so für einen anderen Ausbildungsgang. Ja, es gibt mittlerweile verschiedenste Förderprogramme, Stipendien, Bafög und Co. Aber das führt auch dazu, dass in einer Fachschulklasse die Schüler:innen die verschiedensten Förderungen bekommen, oder eben gar keine. Das kann nicht die Lösung sein. Hier brauchen wir eine bundeseinheitliche Vergütung in der Ausbildung!

DIE eine Lösung gibt es nicht

Es gibt nicht DIE eine Lösung für das Fachkräfteproblem. Ich finde, es ist wichtig, verschiedene Modelle der Ausbildung von Fachkräften zu haben, um sie für Menschen mit den unterschiedlichsten Voraussetzungen attraktiv zu machen. Wir brauchen Vollzeitausbildungsangebote genauso wie Teilzeitausbildungsangebote. Und wir brauchen bundesweit anerkannte Aufstiegsmöglichkeiten. Ein/e heute ausgebildete/r Erzieher:in muss sich in 40 Berufsjahren auch weiterentwickeln können!

Außerdem dürfen wir nicht den Fehler machen, an der Qualität der Ausbildung zu sparen, um schneller Personal in die Kitas zu bekommen. Am DQR6 Niveau müssen wir festhalten.

Dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken wird eine Herkulesaufgabe der Zukunft werden. Aber wir müssen sie anpacken und neue Wege gehen.