Gemeinsame Quartiersentwicklung als Chance für die Innenstadt

"Business Improvement Districts" in der Stader Innenstadt? Wo sollen die denn entstehen? Ein Artikel über Quartiersentwicklung durch private Initiativen - Chancen, Risiken und erheblichen Abstimmungsbedarf. 

Bild: Privat

In der historischen Stader Innenstadt sollen mit dem zentralen Pferdemarkt und der Großen und Kleinen Schmiedestraße zwei wichtige Quartiere aufgewertet werden. Dort sollen sogenannte „Business Improvement Districts“ entstehen. Dieses neue Instrument der Quartiersentwicklung durch private Initiativen bringt Chancen, Risiken und erheblichen Abstimmungsbedarf. 

Was sind Business Improvement Districts?

Das Niedersächsische Gesetz zur Stärkung der Quartiere durch private Initiativen wurde im letzten Jahr  vom niedersächsischen Landtag beschlossen. Damit sind die Business Improvement Distrikte auch in Niedersachsen angekommen. Sie ermöglichen es Einzelhänder:innen, Gastronom:innen, Dienstleister:innen, Anwohner:innen und Grundeigentümer:innen sich in privaten Initiativen zusammenzuschließen, um gemeinsam Projekte zur Aufwertung eines Quartiers zu realisieren. Mit kreativen Konzepten können sie dieses attraktiver und lebenswerter gestalten. Dazu kann die Gestaltung des öffentlichen Raums ebenso gehören wir gemeinsame Werbemaßnahmen, Veranstaltungen, Verbesserung der Energieeffizienz oder der Kampf gegen Leerstand. Finanziert werden diese privat getragenen Initiativen durch Umlagen, die regelmäßig in dem klar definierten Geltungsbereich erhoben werden. „Mit dieser Initiative wollen wir unsere Innenstädte gemeinsam weiterentwickeln. Wir wollen damit die unterstützen, die etwas vor Ort bewegen wollen“, so Niedersachsens Bauminister Olaf Lies. Mit Fördermitteln in Höhe von insgesamt 800.000 Euro wird eine Anschubfinanzierung für BID-Projekte nach dem NQG in Niedersachsen geleistet. Von dieser Förderung profitiert auch Stade.

Vor- und Nachteile von BIDs

Vorteile

  • Die BID-Umlage ermöglicht planbare Budgets und nimmt jene in die Pflicht, die sich sonst nicht beteiligen. Die privaten Akteure müssen sich nicht mehr den Kopf zerbrechen über die Mittelbeschaffung für geplante Maßnahmen, sondern können sich auf die Aktivitäten konzentrieren.
  • Gewerbetreibende profitieren von Service, Marketing und Stadtentwicklungsmaßnahmen des Quartiersmanagement.
  • Steigerung der Attraktivität des Quartiers, dadurch steigende Aufenthaltsdauer, Kundenfrequenz und die Einnahmen der Gewerbetreibenden. Leerstände können gesenkt und der Wert von Immobilien gesteigert werden.
  • Die Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Geschäftsleuten/Immobilienbesitzern kann sich verbessern. Es gibt einen kürzeren Draht der Akteure zu Politik und Verwaltung. Gemeinsam formulierte Anliegen und Interessen entfalten mehr Wirkung.
  • Aus der Eigeninitiative entstehen wirklichkeitsnähere Konzepte als Programme, die extern geplant werden. Motivation und Umsetzungswille der Betroffenen wird gesteigert durch diese Eigeninitiative und die Investition eigener finanzieller Mittel.
  • Durch gemeinsame Aktivitäten entsteht ein Gemeinschaftsgefühl im Quartier und schafft belastbare Strukturen.
  • Der BID ist kein Zwangsinstrument, das von der öffentlichen Hand verordnet wird, sondern eine Bürgerinitiative.
  • BIDs sind räumlich und zeitlich begrenzt, so dass eine Erfolgskontrolle möglich ist.

Nachteile

  • Durch die private (Teil-)Finanzierung öffentlicher Aufgaben können sich Stadtverwaltungen aus Pflichtaufgaben zurückziehen.
  • Es besteht die Gefahr der Privatisierung öffentlicher Räume.
  • Landenmieten können steigen, was zu einem Verdrängungsprozess inhabergeführter Einzelhändler führen kann.
  • Soziale Probleme werden nicht gelöst, sondern nur verdrängt. Dies ist vor allem in Großstädten ein Problem, z.B. die Verdrängung von Obdachlosen aus aufgewerteten Innenstadtbereichen.
  • Der Prozess zur Gründung eines BID ist aufwändig.
  • Die Festlegung der Kriterien und Höhe der BID-Umlage ist schwierig. Es können durchaus soziale Ungerechtigkeiten entstehen, wenn z.B. die Besitzer von privat genutztem Wohneigentum einbezogen werden sollen.
  • Die verpflichtende Umlage kann auf Widerstände stoßen und zu Konfrontationen führen. BIDs bergen damit auch Sprengstoff für ein Quartier.
  • BIDs können als „letztes Mittel“ für Problemquartiere begriffen werden. Diesen Ruf will kein Quartier bekommen.

Quartiersentwicklung als Chance für die Stader Innenstadt

Die Coronakrise hat den Druck auf die Innenstädte noch einmal erheblich erhöht, auch bei uns in Stade. Deshalb kommt das Quartiersentwicklungsgesetz genau zur rechten Zeit und setzt ein wichtiges Signal an die Innenstadtakteure. Es gibt auch den Akteuren in der Stader Innenstadt  ein Instrument an die Hand für gemeinsame Aktionen und gestalterische Maßnahmen zur Verbesserung von Aufenthaltsqualität und Einkaufserlebnis in den Bereichen Pferdemarkt und Schmiedestraße. Damit können die beiden BIDs ein weiterer Baustein für die Antwort sein, wie wir die Zukunft unserer Innenstadt gemeinsam gestalten können. Dabei dürfen Politik und Verwaltung jedoch nicht aus ihrer Verantwortung gelassen werden. Nur gemeinsam schaffen wir ein gutes Stade für alle Staderinnen und Stader – und unsere Gäste. 

Eine umfassende Präsentation zur Analyse, Zielen und möglichen Maßnahmen für Stade findet sich auf

https://www.stade-aktuell.de/downloads-bid/

 

Kai Koeser
Vorsitzender SPD Hansestadt Stade
Ratsherr Hansestadt Stade

Kai Koeser