Sozen-Sonntag #7 – Sozialdemokratie am Sonntag: Klimaschutz

In den letzten Tagen und Wochen haben sich die Ereignisse überschlagen und ein für unsere gemeinsame Zukunft wichtiges Thema ist dabei in der Berichterstattung zu kurz gekommen: Klima- und Umweltschutz. Das heißt aber nicht, dass wir weiter mit ganzer Kraft für den Klimaschutz arbeiten. Was ist eigentlich unser Plan für die Welt, für Deutschland und in Stade?

Barger Heide in Stade, Blühende Heide, August 2020
Blühende Heide in der Barger Heide, Stade Bild: SPD Stade

Inhaltsverzeichnis

Klimaschutz: Wir müssen anpacken!

Kohleausstieg – wann denn nun, was denn nun?

Internationaler Klimaclub – eine Initiative von Olaf Scholz

SPD-Zukunftsprogramm für Deutschland: Klimaschutz, der Arbeit schafft

Auch in Stade: Klimaschutz ist alternativlos

 

Klimaschutz: Wir müssen anpacken!

Olaf Scholz hat heute im Deutschlandfunk bei „Interview der Woche“ ein sehr spannendes Gespräch mit Frank Capellan geführt – mein Hörtipp in dieser Woche.

 

„Wir müssen dafür sorgen, dass wir die Erzeugung von Strom in Deutschland massiv ausbauen. Denn alles das was die Industrie sich vorgenommen hat an CO2-neutraler Produktion (…) wird nur gelingen, wenn die Unternehmen statt auf Kohle, Gas und Öl auf Strom zurückgreifen können, der hergestellt ist mit Windkraft auf hoher See oder an Land oder mit Solarenergie.“

Olaf Scholz

 

Ganz klar formuliert Olaf Scholz den Anspruch im ersten Jahr der nächsten Regierung sofort alle Gesetze zum Ausbau der erneuerbaren Energien anzupassen. Das Stromnetz und die Erzeugungskapazitäten müssen so angepasst werden, dass Deutschland das im Klimagesetz festgeschriebenen Ziel der Klimaneutralität bis 2045 auch wirklich schaffen kann.

Kohleausstieg – wann denn nun, was denn nun?

Das Kohleausstiegsgesetz wurde 2020 auf Basis der Arbeit der Kohlekommission, bestehend aus 31 Mitgliedern aus Industrie und Wirtschaft, Wissenschaft, Umweltverbänden, Gewerkschaften und Politik, umgesetzt. Die Abschaltung aller Kohlekraftwerke ist bis 2038 festgelegt. Dieses Datum steht nun in der Kritik, da wir deutlich schneller handeln müssen, um den Klimawandel stoppen zu können.

Ich empfehle die persönliche Erklärung unseres SPD-Umweltpolitikers Matthias Miersch zu diesem Thema, die den Kontext und Komplexität des Themas Kohleausstiegsgesetz kurz und verständlich zusammenfasst.

Hierzu ein paar Fakten:

  • Die SPD hält sich an getroffene Vereinbarungen. Wie sonst können wir bei zukünftigen Vereinbarungen erwarten, dass sich alle daran halten. Wohin diese kurzfristige Politik führt haben CDU/CSU und FPD bewiesen. Erst wurde der unter Rot-Grün verabschiedete Atomausstieg aufgekündigt, um keine 9 Monate danach den erneuten Atomausstieg bis 2022 zu verkünden. Teuer bezahlt durch den Steuerzahler, da hohe Entschädigungszahlungen für die Kraftwerksbetreiber damit verbunden waren.
  • Die Abschaltung der Kohlekraftwerke erfolgt nicht erst 2038, sondern schrittweise – auch um die Energiesicherheit in Deutschland gewährleisten zu können. Die ersten Kraftwerke werden bereits 2022 abgeschaltet. Ein frühzeitiger Ausstieg ist immer möglich. Ebenfalls unterschlagen wird: In den Jahren 2022, 2026, 2029 und 2032 wird überprüft, ob unter Gesichtspunkten der Versorgungssicherheit und des Klimaschutzes Abweichungen vom Pfad notwendig sind.

„Falsch ist die Behauptung, wonach der Gesetzgeber unwiderruflich an die Abschaltdaten gebunden sei. Vielmehr sehen die Verträge ausdrücklich vor, dass ab 2030 die dann noch laufenden Kraftwerke drei Jahre früher ohne weitere Entschädigung stillgelegt werden können, wenn dieses die Versorgungssicherheit erlaubt. Zudem wird im Vertrag ausdrücklich auf die Diskussionen in der EU hingewiesen, so dass es zu weiteren Verschärfungen der Klimaschutzziele kommen kann und Anpassungen notwendig sein könnten.“

Matthias Miersch, SPD-Umweltpolitiker aus Hannover

Internationaler Klimaclub – eine Initiative von Olaf Scholz

Im Mai 2021 hat Kanzlerkandidat Olaf Scholz eine Initiative für die Gründung eines internationalen Klimaclubs gestartet. Die Bundesregierung hat sich nun auf entsprechende Eckpunkte dazu geeinigt.

Die Idee des Klimaclubs ist international Partner zu gewinnen, um die Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens zu beschleunigen und gleichzeitig die Wirtschaft der teilnehmenden Länder vor klimapolitischen Nachteilen im internationalen Wettbewerb zu schützen. Dies gilt vor allem für energieintensive Branchen wie der Chemieindustrie – hier haben wir in Stade mit DOW und AOS zwei große globale Unternehmen die unmittelbar von steigenden Energiepreisen betroffen sind.

Das Ziel ist dabei nicht von den eigenen Hausaufgaben in Deutschland abzulenken, sondern eine Partnerschaft „der klimapolitisch ambitioniertesten Staaten der Welt“ zu etablieren. Zunächst soll bei EU-Partnern, allen voran Frankreich, für ein gemeinsames Vorgehen geworben werden, aber auch China und die USA stehen im Fokus dieser Initiative.

SPD-Zukunftsprogramm für Deutschland: Klimaschutz, der Arbeit schafft

Wir wollen den Klimawandel stoppen und die globale Erderwärmung stoppen. Für uns gilt das im Pariser Klimaabkommen formulierte 1,5 Grad-Ziel. Dafür soll Deutschland bis spätestens 2045 komplett klimaneutral sein.

Die Betonung liegt dabei auf „spätestens“. Im Klimaschutzgesetz – federführend von SPD-Umweltministerin Svenja Schulze initiiert – wurden verbindliche Klimaziele auf dem Weg zur Klimaneutralität bis 2045 festgesetzt.

Oft unterschlagen wird der ebenfalls gesetzlich festgeschriebene Expertenrat, der alle 2 Jahre einen Bericht über die Zielerreichung und die Trends vorlegen wird. Bei Nichterreichung der Ziele ist eine Anpassung der Maßnahmen vorgesehen. Wir sehen, das die Umsetzung aller Klimaschutzmaßnahmen direkte Auswirkungen auf unser Leben, Arbeiten und Wirtschaften hat und wir das nur gemeinsam als Gesellschaft schaffen.

 

„Klimaschutz geht nur gemeinsam.“

Kai Koeser

 

Wie wollen wir das erreichen?

Bis 2040 soll der Strombedarf vollständig aus erneuerbaren Energien stammen.

Damit die Energiewende für alle bezahlbar und nicht zu sozialen Schieflagen führt, wollen wir die EEG-Umlage bis 2025 abschaffen. Stattdessen finanzieren wir sie aus dem Bundeshaushalt, wodurch die Strompreise deutlich sinken. Den neu eingeführten Preis auf den Verbrauch von CO2 für Heizkosten (Öl und Gas) sollen in Zukunft die Vermieterinnen und Vermieter tragen. Nur sie können in klimafreundliche Technologien investieren.

Die Energiewende soll zu einem Mitmachprojekt werden, indem wir einen Zukunftspakt zwischen Bund, Ländern, Kommunen und ihren Spitzenverbänden schließen. Gemeinsam setzen wir uns verbindliche Ausbauziele für erneuerbare Energien wie Sonne, Wind und Geothermie und setzen sie auch um.

Der Gebäudesektor wird durch innovative Heiz- und Energiesysteme klimaneutral.

Deutschland wird zum Leitmarkt für Wasserstofftechnologien und wir unterstützen die Industrie auf dem Weg zu Klimaneutralität durch gezielte Investitionen in Infrastruktur und Innovationen. Damit wird Klimaschutz zum Jobmotor.

Wir wollen eine echte funktionierende Kreislaufwirtschaft etablieren und Recycling fördern.

Was machen die anderen?

Das lässt sich relativ leicht beantworten: Nicht viel. Blockieren. Aussitzen.

Die Grünen in Baden-Württemberg haben 2020 ganze 12 – in Worten: zwölf (!) – Windkrafträder in Betrieb genommen, obwohl sie dort seit 10 Jahren die Regierung anführen und im Bereich Windenergie dort enormer Nachholbedarf besteht. In Niedersachsen sind bereits rund 6.300 Windenergieanlagen in Betrieb, in Baden-Württemberg gerade einmal rund 730 Anlagen. (Quelle: FAZ.net – Kaum Windräder in Kretschmanns Reich).

Während der letzten 4 Jahre haben Bundeswirtschaftsminister Peter Altmeier und die Unionsfraktion den Ausbau der erneuerbaren Energien und eine Reform der EEG-Umlage verhindert. Die mangelnde Kompetenz hat Peter Altmeier durch falsche Zahlen zum tatsächlichen Strombedarf in Deutschland durch die Klimaschutzmaßnahmen bewiesen (Quelle: WELT ONLINE – Steigender Stromverbrauch – scharfe Kritik an Altmaiers später Prognose).

Die Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen wurden nicht verbessert, stattdessen hat die Union, vor allem die CSU, populistisch gegen den Bau neuer Windkraftanlagen argumentiert und nichts für die Akzeptanz in der Bevölkerung getan.

Die Union hat außerdem die die 50:50-Aufteilung des CO2-Preises auf Mieter:innen und Vermieter:innen CDU blockiert – trotz einer vorherigen Einigung in der Großen Koalition. Gleichzeitig nimmt die CDU Spenden aus der Immobilienbranche ganz selbstverständlich an.

Auch in Stade: Klimaschutz ist alternativlos

Der ganzheitliche Ansatz, den wir in Deutschland und in der Welt verfolgen, wollen wir auch für Stade umsetzen. Wir setzen uns für ein umfassendes CO2-Abbau-Programm mit einem festen „CO2-Budget“ bis 2035.

Unser Ziel: Stade reduziert die CO2-Emissionen jedes Jahr um 7% und sind 2035 klimaneutral. Im Rahmen des Konzepts sehen wir – zeitlich begrenzt – auch die Möglichkeit der Kompensation durch Kauf von CO2-Rechten.

Stadt Stade als gutes Beispiel

  • Ein Konzept für Bürger-Photovoltaik mit vereinfachten Verfahren für dezentrale gemeinschaftliche Versorgung in Nachbarschaften sorgt für Akzeptanz und beteiligt die Bürger:innen.
  • Wir setzen uns dafür ein, den „Alltags-Radlern“ das Leben zu vereinfachen und alle Verkehrsteilnehmende, also Fußgänger:innen, Fahrradfahrer:innen, ÖPNV und Auto, gleichberechtigt bei neuen Projekten bzw. Sanierung bestehender Straßen und Wege zu berücksichtigen. Ein Beispiel sind sichere und ausreichend Fahrradstellplätze, auch für den Umstieg auf den ÖPNV – bisher sind ordentliche Stellplätze leider noch Mangelware.
  • Um dem Klimaschutz in Stade eine hohe und nicht aufschiebbare Priorität mit dringendem Handlungsbedarf zu geben, soll Stade den Klima-Notstand ausrufen. In Deutschland haben bereits über 70 Kommunen (Stand Juni 2021), u.a. Köln, Konstanz, München und Berlin als ersten Bundesland, den Klima-Notstand ausgerufen.
  • Bebauungspläne sollen zukünftig gezielt klimaschonendes bzw. klimaneutrales Bauen fördern.
  • Wir wollen Müll vermeiden, statt ihn zu entsorgen. Wir fördern Repair-Cafés, Gebrauchtmöbelhäuser, Tauschbörsen, Pfandsystem und Unverpackt-Konzepte. In diesem Zusammenhang soll Stade zu einer „Zero-Waste-City“ (sinngemäß „Kein-Müll-Stadt“) werden und Strategien für eine ressourcenschonende, abfallvermeidende Lebensweise entwickeln.
  • Bei Vergabe von Aufträgen an Drittunternehmen soll auf Klimafreundlichkeit geachtet werden.
Abgestelltes Fahrrad in Bushaltestelle, Stade
Abstellplätze für Fahrräder? Fehlanzeige. Bild: SPD Stade

Wir schützen die natürliche Vielfalt in der Stadt

  • Grünflächen sollen im Sinne von Klima- und Artenschutz als Lebensräume für Tiere umgestaltet werden.
  • Mehr Blühwiesen und Beete im öffentlichen Raum (Urban Gardening) sorgen für mehr Grünflächen in Stade.
  • Durch ein Baumpflanzprogramm sollen in Stade mehr Bäume das Stadtbild prägen. Stadtbäume binden CO2, haben eine kühlende Wirkung an heißen Tagen und verbessern darüber hinaus die Lebensqualität in der Stadt.
  • Wir wollen einen Grüngürtel um Stade: Heidbeck, Riensförde und Barger Heide sollen weiterentwickelt werden. Nicht als Blaupause zu sehen, aber trotzdem spannend ist in diesem Zusammenhang das Konzept der spanischen Hauptstadt Madrid, die eine Stadtmauer aus 500.000 Bäumen pflanzen will – als eine Art „Klima-Schutzwall“.
  • Wie in anderen Städten auch soll in Stade die willkürliche Entsorgung von Müll, Schutt oder ähnlichem in der freien Natur sanktioniert werden.

 

 

Zusammenfassung zum Sozen-Sonntag von Christian Häckl

Christian Häckl