Entschieden sperrt sich die SPD-Fraktion im Rat der Hansestadt Stade gegen die Entscheidung des Bürgermeisters Sönke Hartlef (CDU), eine Erhöhung der Grundsteuer kurzfristig schon in der nächsten Ratssitzung durchzusetzen. Nach den Plänen der Verwaltungsspitze soll die Grundsteuer von 420 auf 490 Prozentpunkte steigen, um die Ertragslage der Hansestadt zu verbessern. Für die SPD kommt diese Entscheidung zu einer Unzeit.
Anhebung der Grundsteuer völlig falsches Signal
Ganz abgesehen davon, dass die SPD-Fraktion eine Anhebung der Grundsteuer schon immer kritisch gesehen hat, weil diese Kosten neben Firmeninhabern mit eigenem Grundstück und Hausbesitzern auf dem Umweg der Nebenkostenabrechnung auch Mieter treffen. In Stade ist günstiger Wohnraum ohnehin schon knapp und mit dieser Entscheidung wird ein knappes Gut noch weiter verteuert. Wir halten dies grundsätzlich für den falschen Weg. In der aktuellen Situation aber Steuererhöhungen ins Gespräch zu bringen ist in unseren Augen fatal. Die Corona-Krise belastet viele Bürgerinnen und Bürger auch finanziell. Kurzarbeit oder gar die Angst um den Arbeitsplatz sind bittere Realität für viele Staderinnen und Stader, vielen selbstständigen Unternehmern sind ein Großteil ihrer Einnahmen weggebrochen. Bund und Land schnüren Rettungsschirme und Konjunkturpakete, die Mehrwertsteuer wird gesenkt, auch die Hansestadt Stade hat z.B. Kita-Gebühren erlassen und so Familien entlastet. Das war gut und richtig so! Wie soll in eine solche Zeit eine Steuererhöhung passen?
SPD-Position: Steuererhöhung nicht notwendig
Bürgermeister Hartlef rechnet mit Mehreinnahmen von 1,4 Millionen Euro. Diese brauche die Stadt, um ihren Verpflichtungen als Schulträger nachzukommen, für eine Weiterentwicklung des Betreuungsangebotes und als Träger der Straßenbaulast. Für diesen Haushaltsposten fehlen natürlich die Einnahmen der abgeschafften Straßenausbaubeitragssatzung. Für die SPD-Fraktion ist aber noch gar nicht erwiesen, dass diese Summe aktuell überhaupt fehlt. Fraktionsvorsitzender Kai Holm: „Bevor die Politik dazu überhaupt eine Entscheidung trifft, muss die Stadt einen Kassensturz machen.“ Dies ist bisher nicht geschehen. Vielmehr wurden aus der Verwaltungsspitze bisher ganz andere Signale gesendet. Im städtischen Haushalt sind Einnahmen aus der Gewerbesteuer in Höhe von 51 Millionen Euro veranschlagt. Zum Jahresanfang rechnete man aber tatsächlich mit Einnahmen von 80 Millionen und bei der letzten Schätzung immerhin noch mit 70 Millionen Euro. Insofern hat die Corona-Krise natürlich spürbare Auswirkungen. Dennoch die liegen die prognostizierten Einnahmen aus der Gewerbesteuer 19 Millionen Euro über den ursprünglichen Schätzungen. Wozu also der Schnellschuss bei der Grundsteuer?
Forderung des Landrates
Die geplante Steuererhöhung durch Bürgermeister Hartlef ist tatsächlich wohl das Ergebnis eines Gesprächs mit Landrat Michael Roesberg und der zuständigen Kommunalaufsicht. Anlass der Gespräche war der Nachtragshaushalt der Hansestadt zur Finanzierung des Bildungscampus in Riensförde. Ergebnis der Gespräche ist die geplante Steuererhöhung, um die Mindereinnahmen durch den Wegfall der Straßenausbaubeitragssatzung und die zukünftig voraussichtlich niedrigeren Einnahmen aus der Gewerbesteuer auszugleichen. Hier sieht der Bürgermeister die Grundsteuer als „verlässliche Steuerquelle“ (Zitat im Wochenblatt). Es mag sein, dass Landrat Roesberg mit Blick auf die Finanzen der Hansestadt Bürgermeister Hartlef zu der Entscheidung gedrängt hat. Die SPD hält dies für den falschen Weg und will in der aktuellen Lage keine weiteren finanziellen Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger, die sich ohnehin schon vielfach in einer unsicheren oder schwierigen finanziellen Lage befinden.
Es fehlt der Blick aufs Ganze
Die Befürworter der Grundsteuererhöhung bringen immer wieder hervor, dass es für den einzelnen Hausbesitzer oder Mieter absolut nicht um wirklich große Summen geht. Das mag stimmen. Für die Besitzer eines Einfamilienhauses ist mit einer Mehrbelastung von 100 Euro im Jahr zu rechnen, für Mieter mit ca. 25 Euro. In anderen Zeiten mag dies nicht mal als unverhältnismäßige Steigerung der Wohnkosten gelten. Für die Familien, die finanziell unbeschadet aus der Corona-Krise kommen, mag dies auch 2021 so sein. Wir wissen aber doch, dass die Corona-Krise noch erhebliche Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben wird. Allein die Signale vom Flugzeugbauer AIRBUS sind besorgniserregend. Auch 2021 werden viele Stader Haushalte mit teils drastischen Einkommensverlusten zu rechnen haben. In solchen Zeiten setzt auch eine vermeintlich moderate Steuererhöhung das falsche Signal und gefährdet den Zusammenhalt in der Krise. Diese müssen wir gemeinsam bewältigen und nicht auch noch zusätzliche Krisenverlierer schaffen. Wer soll das verstehen, dass Bund und Land die Bürgerinnen und Bürger entlasten, um schnell wieder aus der Krise zu kommen, während die Hansestadt Stade in einer solchen Lage den Menschen in den Geldbeutel greift? So schafft man Enttäuschung und Politikverdrossenheit!
Neuer Steuersatz wäre einer der höchsten im Landkreis
Ganz abgesehen von der Kritik am Zeitpunkt für die Pläne von Bürgermeister Hartlef, die finanziellen Auswirkungen für die Bürgerinnen und Bürger und die treibende Rolle von Landrat Roesberg in dieser Angelengenheit, wäre die Anhebung der Grundsteuer auch grundsätzlich zu hinterfragen. Aktuell liegt die Hansestadt Stade mit ihren Steuersätzen noch im kreisweiten Durchschnitt, allerdings über dem der näher an Hamburg liegenden Nachbarstadt Buxtehude. Für eine wachsende Stadt, die aktiv um Zuzug wirbt erscheint ein moderater Grundsteuersatz auch sinnvoll. Der neue Steuersatz wäre aber einer der höchsten im Landkreis Stade. Was würde das bedeuten? Zieht man dann nicht lieber nach Buxtehude, von wo man schneller bei der Arbeit in Hamburg ist? Baut man sich dann nicht lieber das Häuschen in Himmelpforten oder Harsefeld und pendelt nach Stade rein? Noch mehr Berufspendler? Noch mehr verstopfte Straßen? Genau das wollen wir eigentlich nicht! Wir brauchen einen anderen Plan für die Zukunft von Stade! Aber genau den scheint Bürgermeister Hartlef nicht zu haben.