Fehlende Kita-Plätze in Stade: Versagen mit Ansage

In der Hansestadt Stade fehlen für das Jahr 2020/21 300 Betreuungsplätze in Kitas, Krippen und der nachschulischen Betreuung. Kinder und Familien werden damit im Regen stehen gelassen. Klagen gegen die Hansestadt sind Tür und Tor geöffnet und die Verwaltung verweist auf Zuständigkeiten. Es offenbart sich ein erschreckender Mangel an Ideen, Gestaltungswillen und Kommunikation.

Rathaus Stade, Eingangsschild, Mai 2020
Rathaus Stade Bild: SPD Stade

Mit großer Besorgnis nimmt der Vorstand der Stader SPD die hohe Zahl der fehlenden Kita-Plätze in der Hansestadt Stade zur Kenntnis. Wir fragen uns, wie sich die Situation so dramatisch zuspitzen konnte? Spätestens mit der Einführung der zentralen Anmeldung hätte allen Beteiligten klar sein müssen, welcher Mangel auf die Stadt zukommt. In der Vergangenheit waren Planungen immer erschwert worden, weil Eltern ihre Kinder verständlicherweise parallel bei mehreren Einrichtungen angemeldet hatten und ein Abgleich nicht möglich war. Das ist nun vorbei. Die Verwaltungsspitze um den Ersten Stadtrat Dirk Kraska wusste also genau, was auf die Stadt zukommt. Wirksame Lösungsansätze wurden nicht entwickelt und in der Ausschusssitzung mit dem Verweis auf Zuständigkeiten abgewunken. So kommen wir bei diesem Problem aber nicht weiter! Abgesehen davon ist die Rechnung ja eigentlich ganz einfach: Kinder im Kita-Alter x durchschnittliche Betreuungsquote = Bedarf. Warum wurde da also nicht früher gegengesteuert? Die Familien werden jedenfalls im Regen stehen gelassen.

Schlechte Informationspolitik oder tappt die Rathausspitze im Dunkeln?

Die SPD sieht hier den vorläufigen traurigen Höhepunkt einer längeren Entwicklung. Im März wurde eine Anfrage der SPD-Fraktion im Stadtrat zum Verkehrsaufkommen wegen fehlender Zahlen nicht umfänglich (eigentlich gar nicht) beantwortet. Das Fazit vom Ersten Stadtrat Kraska war damals: „Wer im Stau steht, ist selbst schuld.“ Insofern stellt sich der Parteivorstand die Frage, auf welcher Grundlage bisherige Straßenbaumaßnahmen geplant worden sind und zukünftige Konzepte entstehen sollen. Irritierend ist in diesem Zusammenhang, dass einige Woche später im Rahmen der Machbarkeitsstudie zur Harsefelder Straße durchaus konkrete Zahlen zur Verkehrssituation vorgelegt wurden. Entweder plant die Verwaltungsspitze also nach Bauchgefühl oder sie will der Politik bewusst Informationen vorenthalten. Die Bürgerinnen und Bürger der Hansestadt mögen für sich selbst entscheiden, was schlimmer wäre. Gut ist jedenfalls beides nicht.

Tür geöffnet für Klagen wegen Rechtsanspruch auf Kita-Platz

Die gleiche Frage stellt sich nun bei den fehlenden Kita-Plätzen. Mit welchen Zahlen plant die Verwaltungsspitze? Welche Lösungsansätze sieht der Erste Stadtrat Dirk Kraska? Was sagt der Bürgermeister Sönke Hartklef eigentlich dazu? Was soll in diesem Jahr passieren und was bis zur Fertigstellung der neuen Einrichtungen 2022/2023, wenn der aktuelle Jahrgang bereits auf dem Weg in die Grundschulen ist. Es werden schon Unkenrufe laut, dass in drei Jahren dann die Grundschulen nicht genug Plätze haben werden. Hier kommen die bereits angestoßenen Umstrukturierungen in der Stader Schullandschaft aber wohl rechtzeitig. Für die SPD Stade geht es bei diesen Fragen in erster Linie um das Wohl der Kinder und Fragen der Bildungsgerechtigkeit. Es bleibt im übrigen ein fader Beigeschmack, dass der Mangel am deutlichsten in der Ortschaft Bützfleth und im Altländer Viertel zu Tage tritt. Hier leben besonders viele Kinder aus Familien mit (relativ frischem) Migrationshintergrund. Für diese Kinder ist der Besuch einer Kita besonders wichtig: hier können mangelnde Deutschkenntnisse ausgeglichen werden und die Familien bei der Integration unterstützt werden. Ganz abgesehen davon, dass der Kita-Besuch für alle Kinder eine wertvolle Erfahrung und die Stader Kitas der verschiedenen Träger fantastische Lernorte sind. Zum anderen hat die Verwaltungsspitze hier sehenden Auges die Tür für Klagen gegen die Hansestadt Stade geöffnet: denn die Familien haben einen einklagbaren Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz. Oder geht man mit Blick auf die besonders betroffenen Stadtteile einfach davon aus, dass die Familien dort eh nicht klagen? Wir und die Familien wollen Antworten. Und die darf nicht sein: Wer keinen Kita-Platz bekommt, hat selbst schuld. Vielmehr ist es jetzt an der Zeit, um die Ecke zu denken und es zeugt von Ideenlosigkeit, dass nicht bereits im Vorfeld das Gespräch mit Tagesmüttern und Landkreis gesucht wurde. Für die Zuständigkeiten interessieren sich weder Eltern noch Kinder. Die wollen einfach nur Kita-Plätze.

Kai Koeser