Ich bin, wie viele Menschen, zum größten Teil zu Hause und habe viel Zeit, mir über die derzeitige Lage in unserem Land Gedanken zu machen. Im Sekundentakt werden Nachrichten aus der ganzen Welt über die Medien veröffentlicht. Manchmal frage ich mich, ob ich noch in der Lage bin, eine eigene Meinung zu dem Thema zu entwickeln. Mich beschäftigt zurzeit besonders die Frage, wie es um unsere Grundrechte steht?
Ich sehe die politische Entwicklung zurzeit kritisch und frage mich, ob jede politische Handlung mit der Pandemie gerechtfertigt werden kann?
Wir sind komplett eingeschränkt in unseren Persönlichkeitsrechten und werden dafür bestraft, wenn wir sie nicht einhalten. Liegt es im Ermessen des Staates darüber zu bestimmen, wer sich in meiner Wohnung aufhält? Ist es rechtens, dass die Polizei ermächtigt wird, dies zu kontrollieren? Ist meine eigene Entscheidungsfähigkeit als mündiger Bürger soweit ausgehebelt, dass es meinen eigenen Wohnraum betrifft?
Ich frage mich, ob es nicht meine Entscheidung ist, wenn ich einen Nachbarn zum Kaffee einlade, den ich ansonsten im Supermarkt mit vielen anderen Menschen treffe.
So komme ich zu den großen Märkten, die ja so „systemrelevant“ sind. Baumärkte werden demnächst wieder öffnen, der kleine Laden um die Ecke leider nicht. Für mich ist nicht nachvollziehbar, dass einerseits größere Menschenansammlungen verboten sind aber im Gegenzug die kleinen Läden schließen müssen, obwohl ein Gebot, dass sich lediglich ein oder zwei Personen im Geschäft aufhalten dürfen, dort am leichtesten umgesetzt werden könnte. Es gibt genügend Beispiele derzeit, wo Menschen mit dem gebotenen Abstand vor dem kleinen Kiosk mit Poststelle warten und einzeln das Geschäft betreten.
Wir sind doch verantwortungsvolle und mündige Bürger, die nicht leichtfertig mit unserem Leben umgehen! Wird an dieser Stelle Artikel 3 im Grundgesetz noch beachtet?
Ein weiterer Gedanke: Insbesondere alte Menschen sind besonders gefährdet. In den Pflegeheimen sitzt die besonders gefährdete Gruppe dicht aufeinander und eine Abstandsregelung ist meines Erachtens nicht umsetzbar. Den Menschen wird verboten, wenn sie denn ein Einzelzimmer belegen, ihr Zimmer zu verlassen, geschweige denn sich frei, z.B. nach draußen zu bewegen. Mehr und mehr wird über Fälle der Erkrankung in Pflegeheimen berichtet und die Ansteckung mit zahlreichen Todesfällen breiten sich in riesiger Geschwindigkeit aus. Es wird nach Schuldigen gesucht, um Erklärungen zu finden. Haben wir Alle es verpasst, darüber nachzudenken, wie wir menschenwürdig und selbstbestimmt alt werden können? Sind die einzigen flächendeckenden Unterbringungen von alten Menschen die ständig wachsenden Pflegeheime? Wenn ich mir allein die Fassade so mancher Pflegeheime ansehe, macht mir die Vorstellung Angst, so meinen letzten Lebensabschnitt zu verbringen.
Jetzt zu meinem nächsten Gedanken: Vermehrt gibt es Reportagen über Brennpunktviertel in Städten und die Schließungen vieler sozialer Einrichtungen. Vergessen wir in der Krise die Kinder, die in oft desolaten Verhältnissen leben? Spielplätze werden geschlossen und selbstverständlich ebenfalls kontrolliert. Jegliche Kontrollfunktionen der Kinder- und Jugendhilfe sind so gut wie eingestellt. Setzen wir das Infektionsrisiko höher an als den Schutz unserer Kinder? Ist es wirklich ein so großes Risiko wenn ein Kind sich mit dem Sorgeberechtigten auf einem Spielplatz aufhält, um die risikobelastende Situation in der Wohnung zu mindern?
Ich glaube, dass es politisch viel zu tun gibt, wenn wir diese Pandemie überstanden haben. Vielleicht gelingt es uns, die momentane Solidarität auch nach der Pandemie zu erhalten. Darüber nachzudenken, was wirklich wichtig ist für unser Leben und was die Politik dazu beitragen kann. Aktuell sind wir alle aufgefordert, darauf zu achten, dass unsere Grundrechte nicht komplett ausgehebelt werden!
Bleibt gesund und handelt im Sinne unserer Freiheitsrechte!
Eure Sigrid Koppelmann