Die Wirtschaft in den Zeiten der Coronakrise

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Wir stehen vor einer beispiellosen Herausforderung: Das neuartige Corona-Virus verbreitet sich von China ausgehend zurzeit in ungeahnter Geschwindigkeit über die ganze Welt. Das Tückische an diesem Virus ist, dass es während der Inkubationszeit, also der Zeit zwischen Infektion und Ausbruch der Krankheit, bereits ansteckend ist. Folglich sind Erkältungserscheinungen und Fieber kein sicheres Indiz für Maßnahmen zur Eindämmung der Krankheit, sondern vermeintlich gesunde Menschen können bereits unwissentlich ansteckend sein.

Einschränkungen zur Eindämmung des Corona-Virus

Es ist daher richtig zu veranlassen, dass die Menschen weitgehend zuhause bleiben und ihre Kontakte minimieren, insbesondere durch Ausgangsbeschränkungen und Abstandsregelungen. Auch ist es richtig, nicht nur Kindertagesstätten, Schulen, Universitäten und andere Bildungseinrichtungen vorübergehend zu schließen, sondern alle Orte der Begegnung wie Gaststätten, Kinos, Theater, Fitnessstudios und Geschäfte, die nicht der unmittelbaren Versorgung der Bevölkerung dienen.

Dies ist jedoch ein weitreichender Eingriff nicht nur in die Persönlichkeitsrechte des Einzelnen, sondern auch in die gesamte Volkswirtschaft. Die Nachfrage bricht in vielen Bereichen ein, laufende Kosten wie Mieten, Gehälter und Leasingraten fallen aber weiterhin an. Da die Einnahmen ausbleiben, können die Kosten nicht beglichen werden. Es drohen massenhaft Unternehmensinsolvenzen mit erheblichen Einkommenseinbußen, sprunghaft steigenden Arbeitslosenzahlen, gefolgt von weiteren Nachfragerückgängen und Unternehmensschließungen.

 

156 Milliarden Euro gegen die Gefahr einer anhaltenden Rezession

Dieser drohenden Rezession gilt es entgegenzuwirken. Da die gesamte Volkswirtschaft mit einem Produktionsvolumen an Sachgütern und Dienstleistungen von 3,44 Billionen Euro (Bruttoinlandsprodukt 2019) von dieser Pandemie betroffen ist, beschloss der Staat einen noch nie dagewesenen Nachtragshaushalt von 156 Milliarden Euro. Dies bedeutet eine Aufstockung des Bundeshaushaltes 2020 von 362 Milliarden Euro um 43 %. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt (s.o.) nimmt dies allerdings nur einen Anteil von 4,5 % ein. Entsprechend sind diese Gelder sehr sorgsam und differenziert zu verwenden:

Zunächst einmal ist festzustellen, dass es durchaus einige Unternehmen gibt, die von der Coronakrise sogar profitieren wie z.B. Pharmaunternehmen, Hersteller von Spezialgeräten und Schutzkleidungen. Bei anderen Unternehmen werden, bis auf kleinere Schwankungen, keine größeren Nachfrageveränderungen zu verzeichnen sein. Gedacht ist hier an Unternehmen, die der regelmäßigen Versorgung der Bevölkerung dienen. Solche Unternehmen benötigen keine staatliche Hilfe.

Bei anderen Unternehmen kommt es wiederum nur zu einer Verschiebung der Nachfrage wie beispielsweise in der Autoindustrie, denn wer sich jetzt sein Auto nicht kaufen kann, wird dies zu einem späteren Zeitpunkt nachholen. Das bedeutet für diese Wirtschaftszweige, dass es nach der Krise voraussichtlich zu einem erheblichen Anstieg der Nachfrage kommen wird. Solchen Unternehmen ist ggf. nur mit Krediten zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen zu helfen.

Von der Coronakrise tatsächlich betroffen sind jedoch solche Unternehmen, deren Nachfrage unwiederbringlich verloren geht. Hier sind in erster Linie die Gastronomie sowie Freizeit- und Tourismusindustrie zu nennen, denn niemand wird nach der Krise doppelt so häufig ins Restaurant, Theater oder Kino gehen. Auch Urlaubsreisen werden im Folgejahr in der Regel nicht verdoppelt werden können. Entsprechend sind diese Wirtschaftszweige vorzugsweise mit Zuschüssen zu unterstützen, um die Zeit der Nachfrageausfälle abzufangen – dies umso mehr, da es sich häufig um kleine Unternehmen handelt, die regelmäßig längere Umsatzeinbußen nicht abfedern können.

 

Ungewöhnliche Zeiten erfordern ungewöhnliche Maßnahmen. Da die notwendige Neuverschuldung des Staates uns aber noch lange begleiten wird, sind diese Gelder mit viel Augenmaß zu verwenden.

 

Text: Sigrid Richter

Sigrid Richter ist Bankkauffrau, studierte in Hamburg Betriebswirtschaft und höheres Lehramt für Wirtschaftswissenschaften und Chemie, arbeitet freiberuflich als Dozentin und ist seit 2016 Mitglied der SPD.