Ein Beitrag von Silke Ochmann
Als Referenten gaben Tobias Malade (Polizei), Robin Milner und Helmut Schermann (DRK) sowie Philipp Lausch (Freiwillige Feuerwehr und stellvertretender Vorsitzender der SPD Stade) Auskunft über die Lage in Stade.
So schlecht sieht es in unserer Kleinstadt gar nicht aus: Gewalt gegen Personen ist bei Einsätzen in Stade eher selten, häufiger werden Fahrzeuge attackiert. Wenn Gewalt ausgeübt wird, dann vornehmlich im Zusammenhang mit Drogen, Medikamenten, psychischen Problemen. Es wird eher geschubst als geprügelt, und die Beleidigungen nehmen zu. Der Polizei begegnen etwa 3 Widerstandshandlungen und 3 tätliche Angriffe im Monat. Pro Monat werden zwei Polizist:innen verletzt.
Resozialisierung oder Bestrafung?
Laut Statistik besteht etwa ein Sechstel der Täter inzwischen aus Frauen, der Ausländeranteil an den Tätern entspricht dem Anteil von Ausländern an der Bevölkerung. Die Mehrheit der Täter kommt aus den unteren sozialen Schichten. Es werden nur sehr wenige Strafen wirklich verhängt und bis zum Prozess dauert es aus Sicht der einen leider viel zu lange, aus Sicht der anderen (z. B. Justiz) steht der Resozialisierungsgedanke über dem Strafgedanken.
Problem: Gerade die sehr jungen Täter sind sich des Vorteils ihrer Strafunmündigkeit klar bewusst.
Einige Ursachen der sinkenden Aggressionsschwelle: eine übertriebene Erwartungshaltung gegenüber den Helfern („Das steht mir doch wohl zu!“), abnehmende allgemeine Resilienz und vermehrt psychische Erkrankungen – auch in Folge der sich häufenden Krisenerfahrungen und zunehmender Existenzängste.
Gesellschaft im Krisenmodus führt zu Überforderung der Menschen
Viele Menschen fühlen sich überfordert, sehen pessimistisch in die Zukunft, speziell was ihr Alter anbelangt. Dazu fehlt es in der Arbeitswelt seit dem Coronaausbruch an Möglichkeiten, die Erlebnisse des Tages „abzustreifen“, weil sich gesellige Runden nicht so recht wieder zurückbilden und auch im Privaten nimmt die Vereinsamung zu.
Nach manchen Vorfällen brauchen auch die Helfer Hilfe, in Form von psychosozialer Betreuung. Die Polizei ist hier gut aufgestellt, auch Ehrenamtliche und Rettungskräfte haben Ansprechpartner; bei der Feuerwehr hapert es jedoch.
Was wünschen sich die Referenten von der Politik: bessere Konzepte für Einsatznachbesprechungen nach belastenden Situationen, externe Moderatoren für diese Gespräche. Einen stärker sorgenden Staat. Und mehr Bürgernähe der Politik – ein Appell, der sich wohl an beide Seiten richten muss. Die Bürger:innen müssen ebenso aktiver auf „die Politik“ zugehen, wie die Politiker:innen auf die Bürger.